Dienstag, 25. September 2012

Sexismus in der Metalszene I

Vergangenen Freitag war ich mit meinem Freund und José auf dem Sabaton-Konzert in Geiselwind. Die beiden Vorbands waren nicht so der Brecher - Wisdom ist eben eine 08/15-Standard-Power Metal-Band ohne Wiedererkennungswert (traurigerweise war ihr bestes Lied ein Cover von Iron Maiden, wenn ich mich nicht völlig irre) und Eluveitie... na ja, der Soundtechniker hat's ziemlich verkackt und insgesamt wirkte die Band auch etwas lustlos und lahmarschig. Sabaton haben aber wie immer eine klasse Show abgeliefert, mein Nacken tat mir zwei Tage später immer noch ein wenig weh...
Fernab vom Konzerttreiben gab es aber etwas, das mir sauer aufgestoßen ist. Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass die Metalszene sehr männerdominiert ist. Prinzipiell habe ich damit auch "kein Problem", sprich: Ich fühle mich in dieser Szene "trotzdem" sehr wohl und fühlte mich bis dato (und es sind ja nun auch gut 12 Jahre) nicht ausgegrenzt, nicht einmal in der Black Metal-Szene, die innerhalb des Metal ja noch einmal eine Sonderstellung einnimmt und vermutlich noch weniger weibliche Fans hat als das Power Metal-Genre, zu dem Sabaton ja gehören und mit dem ich sonst recht wenig anfangen kann. Bis jetzt habe ich persönlich nicht die Erfahrung machen müssen, dass ich aufgrund meines (sozialen) Geschlechts großartig anders behandelt werde als ein männlicher Metalfan, auch wenn ich Geschichten von anderen Frauen kenne, die da leider ganz andere Anekdoten zum Besten geben könnten - da heißt es dann gerne mal, ein Metalkonzert sei "ja kein Ponyhof", wenn man/frau sich darüber echauffiert, dass man von einem Crowdsurfer einen schlammigen Springerstiefel ins Gesicht geschlagen bekommt, und man solle doch in diesem Falle auf ein Britney Spears-Konzert gehen. Ja, Metal ist für diese Menschen wohl "besonders männlich" und zur "harten Männlichkeit" gehört Grobheit und Rücksichtslosigkeit einfach dazu - das muss man schon wegstecken können! Völliger Humbug und Gott sei Dank bin ich selbst noch nicht direkt mit solchen Personen in Berührung gekommen. Was mich in Anbetracht der Jahre doch etwas wundert, aber da habe ich wohl einfach Glück gehabt.
Als ich mich am Freitag zum Merchandise-Stand durchboxte, weil ich mir mal die T-Shirts anschauen wollte, wurde mir dann aber demonstriert, dass Sexismus nun einmal auch in der Metalszene mehr als präsent ist. Nicht nur, dass es nur drei verschiedene "Girlie-Shirts" gab (und ein solches brauche ich nun einmal, da ich auch in Männergröße S ersaufe), während die Auswahl für Männer weitaus größer war, nein - nur eines der drei Shirts trug das gleiche (leider hässliche) Motiv wie die Pendants für Männer. Bei dem einen, das mir farblich und aufdruckmäßig am ehesten zugesagt hätte, glaubte ich zuerst, den Titel des neuen Albums ("Carolus Rex") gelesen zu haben und war schon erfreut - doch beim näheren Hinsehen blieb mir kurzzeitig der Mund offen stehen. Da stand nämlich nicht "Carolus Rex", sondern (Achtung!): "Carolus Sex". Manch einer wird nun lachen und abwinken, aber ich fand das alles andere als witzig und das liegt mit Sicherheit nicht daran, dass ich in irgendeiner Form verklemmt bin. Ich empfinde die Tatsache, dass ich als Frau auf meine "Aufgabe" als "Betthäschen" hingewiesen werde, wenn ich mir ein verdammtes Bandshirt kaufen will, als ziemlich daneben. Ich will nicht mit dem Wort "Sex" auf meinen Brüsten rumlaufen, Geschlechtsverkehr ist nicht meine Lebensbestimmung und schon zweimal nicht aufgrund der Tatsache, dass ich zufällig mit 'ner Vagina geboren wurde. Doch das scheint für den Shirtdesigner wohl das gewesen zu sein, was 'ne Frau ausmacht und unterm Strich zählt. Meine beiden Begleiter waren auch ein wenig peinlich berührt, José wies mich dann darauf hin, dass da noch eins hinge, auf dem ganz simpel das Bandlogo abgedruckt sei. Ich guckte, stutzte, schaute noch mal genauer hin: Strasssteinchen. Das Bandlogo bestand aus Strasssteinchen. 
Die Stereotypisierung war damit nahezu perfekt. Rhinestones - 'cause, you know, that's what women want. Because they're women. Ich muss wohl nicht darauf hinweisen, wie selten dämlich das ist. Leute! Ernsthaft! Ein Uterus wird meines Wissens nicht mit einem Gen für Strasssteinaffinität geliefert, ich möchte bitte also ganz frei wählen dürfen, ob ich so 'nen Firlefanz haben möchte oder nicht. Ich will mich nicht einem weltfremden Frauenbild beugen, in dem die Gleichung gilt: "diamonds = a girl's best friend".
Sex und Strasssteinchen - das ist wohl also das, was für 'ne Frau wichtig ist. Dicke Hupen sind natürlich auch noch 'n nettes Feature, damit "Carolus Sex" und glitzerndes Chichi ordentlich zur Geltung kommen. Ich hätte brechen können. Deutlich ernüchtert verließ ich den Merchandise-Stand, innerlich verärgert, dass ich nicht hier und jetzt meinem Zorn über den Sabaton-Shirt-Sexismus Luft machen konnte. Die arme Sau am Merch-Stand hätte mir da ja auch nicht weiterhelfen können. Auch heute bin ich noch ein wenig hin- und hergerissen, ob ich den Jungs mal Rückmeldung geben soll, dass ich mir liebend gerne nach dem Konzert ein T-Shirt gekauft hätte, auf dem der Name ihrer Band steht - aber doch bitte mit einem geschlechtsneutralen Aufdruck, der mir nicht eine Weiblichkeitsauffassung oktroyiert, mit der ich mich nicht identifizieren kann und will.

Das Schlimme ist, dass es ausreichend Frauen gibt, die sich kichernd solche Shirts kaufen und sich furchtbar emanzipiert fühlen, denn sie sind ja so furchtbar selbstironisch. Is' klar. Ihr verscheißert damit doch vor allem euch selbst. Ich lach gerne über mich, ich reiße auch gerne Witze über Feminismus und Geschlechterklischees (wo kämen wir auch hin, wenn das nicht möglich wäre?) - aber ich verliere dabei nicht das Gespür dafür, wann etwas Selbstironie und wann etwas eine Verletzung des Emanzipationsgedankens ist.

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