Donnerstag, 12. Juli 2012

Papst contra Titanic - ein paar Worte zur aktuellen Debatte

Derzeit wird ja an allen Ecken und Enden über das Titanic-Cover diskutiert, auf dem Papst Benedikt XVI. verhöhnt wurde. Ich möchte das Ganze an dieser Stelle nicht noch einmal rekapitulieren, da es lang und breit durchgekaut wurde, sondern lediglich ein paar Gedanken zu der ganzen Debatte loswerden.
Ich muss persönlich sagen, dass ich unschlüssig bin, wie ich das Ganze bewerten soll. Als Christin (und vor allem als Katholikin) bin ich es gewohnt, dass "meine" Kirche durch den Kakao gezogen wird. Auch derbe Witze habe ich zur Genüge gehört, sodass ich von mir selbst durchaus behaupten kann, abgehärtet zu sein. Aufgrund meiner eigenen kritischen Sichtweise auf den Vatikan befinde ich mich nicht in einer Position, in der ich mich, wie es die Tagespost so beleidigt bezeichnet, in meinen "religiösen Gefühlen" angegriffen sehe. Ich fühle mich nicht in meinem Glauben verletzt, weil sich die Titanic über den Papst lustig macht. Das hält der schon aus. 
Was ich mich vielmehr frage: An welchem Punkt überschreitet Satire die Grenze zur Geschmacklosigkeit? Ich fand das Titanic-Cover nicht lustig - dies allerdings nicht, weil es Benedikt XVI. war, der zum Gespött der Massen gemacht wurde. Was wäre gewesen, wenn es nicht das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche getroffen hätte, sondern unsere Kanzlerin, unseren Bundespräsidenten oder den Fraktionsvorsitzenden der SPD? Wäre das Geschrei genauso laut gewesen? Vermutlich nicht. Es ist offensichtlich, dass dem Papst nachwievor das Etikett anhaftet, "irgendwie heilig" zu sein, was zur Folge hat, dass man sich nicht über ihn lustig machen darf, ohne, dass sofort ein Shitstorm losgetreten wird. Ich halte das für durchaus problematisch, denn es erhebt den Papst über andere Menschen und verdrängt dabei die Frage, ob es überhaupt in Ordnung ist, einen Menschen auf diese Art persönlich zu beleidigen. Ich bin selbst eine Freundin zynischer Witze, für die öffentliche Bloßstellung einer Person würde mir aber vermutlich die nötige Boshaftigkeit fehlen. Ich gestehe dem Papst zu, sich beleidigt fühlen zu dürfen - aber nicht, weil er dieses Amt inne hat, sondern weil ich weiß, dass ich unglaublich verletzt wäre, würde mit mir so umgegangen werden. Es hat immer wieder den Anschein, als würde völlig vergessen werden, dass es immer noch Menschen sind, die dieses Maß an Hohn und Spott ertragen müssen. Satire ist die eine Sache, die darf und muss auch mal weh tun, wie Ingo Brüggenjürgen bereits festgestellt hat. Allerdings gibt es m. E. auch hierfür Grenzen, die besonders das Titanic-Magazin gerne einmal ausreizt oder auch komplett überschreitet.
Ich sehe die Problematik also weniger in der Tatsache, dass sich Benedikt XVI. beleidigt gefühlt hat - das darf er, mir wäre es nicht anders gegangen und wenn jeder mal ehrlich zu sich selbst ist, dann wird er sich wohl eingestehen müssen, dass er ein Cover dieser Art vermutlich auch nicht einfach hätte übergehen können, ohne gekränkt zu sein. Als bei weitem problematischer empfinde ich den Umgang mit der ganzen Sache seitens des Vatikans. Diese hat nicht nur zur Folge, dass die Titanic erreicht hat, was sie wollte (gesteigerte Verkaufszahlen und viel Spott für Rom), sondern auch, dass die römisch-katholische Kirche mal wieder als die verknöcherte Spaßbremse der Gesellschaft dasteht, die mit einer Schmollschnute in der Ecke steht und sagt "Jetzt spiel ich nicht mehr mit". Auf mich wirkt diese Art der Reaktion in erster Linie unsouverän. Man kann darüber streiten, ob die einstweilige Verfügung, die gegen das Magazin erlassen wurde, sinnvoll war. Ich weiß auch nicht, ob es besser gewesen wäre, das Cover einfach zu ignorieren. Ich für meinen Teil glaube aber, dass der Papst (und damit auch "seine" Kirche) weniger Schaden davongetragen hätte, hätte er mit einem bissigen Galgenhumor zurückgeschossen. Damit hätte er seine Würde vermutlich eher wiederhergestellt. So wirkt der Vatikan leider wie die beleidigte Leberwurst, der kein passender Konter einfällt.
Es bleibt zu hoffen, dass Rom beim nächsten Mal mit etwas mehr Selbstsicherheit auftritt - denn dass dies der letzte Streich war, ist stark anzuzweifeln.

Keine Kommentare: